Erstbegehung Gr. Brieglersberg SO-Wand

" Leb` dei` Leb`m ! "

Am späten Vormittag des Pfingstsonntages startete ich allein, mangels Tourenpartner, zu einer Erkundungstour. Eigentlich ganz passend, da ich am Vortag erfahren hatte, dass ein Freund und Stammtischgefährte mit dem Motorrad verunglückte. Gerade wenige Wochen vorher genossen wir noch gemeinsam mit Freunden einen lustigen Klettersteigtag mit Wirtshaus ausklang. Eineinhalb Wochen vorher teilte er mir mit, super Fotos von dem Tag gemacht zu haben... Er war ein sehr beliebter und inspirierender Typ und lustiger Zeitgenosse.

 

Zuerst ging es den markierten Salzsteigwanderweg Richtung Salzsteigjoch. Auf Höhe ca. 1300m hielt ich mich rechts auf dürftigen Jagdsteig ins Sigistal. Nur mit Kurzer Hose, Rucksack mit Wechselgewand, Gucker und Spiegelreflexkamera bewaffnet immer Richtung SO-Wand des Großen Brieglersberges. nach zwei schnellen Stunden und vielen Nachdenkens, setzte ich mich in Talmitte, etwa 1700m, auf eine Wiese, genoss die Landschaft, die Sonne und studierte dabei mit dem Gucker die Wand auf mögliche kletterbare Linien.

Fazit; Mehrere Linien in unterschiedlichen Felsqualitäten und Schwierigkeiten möglich. Aber eine fasste ich ins Auge mit dem Ziel, möglichst Homogen in direkter Linie möglichst die ganze Wand nutzend zu durchsteigen.

20 Minuten später stand ich am Wandfuss und war sofort begeistert von den festen Fels und den super Wasserrillen. Somit war eigentlich mein Plan, Fotos von der Wand zu machen und Möglichkeiten aus checken bereits erledigt. Aber jetzt hatte ich doch Lust darauf ein paar Meter zu klettern. Vorsichtshalber hatte ich doch die Kletterpatschen mitgenommen und könnte ja nach ein paar Meter wieder abklettern.

Die ersten Fünf Meter ein fester senkrechter Piazriss, 4, danach eine lange Wasserrille etwas angelehnt und daher vertretbar ohne Seil hinaufzusteigen, das ginge abwärts auch, 5-. Etwa nach 60 Meter wurde es flacher und Platten kamen zum Vorschein; „Ja, so bekomme ich Fotos von der Schlüsselpassage“. Das erste drittel war Somit geschafft und nun stellte sich die Wand wieder senkrecht und extrem Wasserzerfressen auf. An Löchern, Schuppen und scharfen Rissen kletterte ich noch 20 Meter rauf auf ein grünes Band. Hier steh ich an. Ich sehe über den anschließenden Überhang nicht drüber, und danach geht die Platte mit seichten Wasserrillen steil weiter, vermutlich 5+ - 6+ alles Möglich?

Ich entscheide mich auf dem Band nach links auszuqueren, hangle mich dabei um eine sprudelnde Quelle, wo Armdick das Wasser rauskommt und als kleines Bacherl über den unteren Teil der Wand rinnt.

Ganz links im Schrofengelände eher leichte und brüchige Kletterei, ich nehme für die nächsten 15 Meter rechts daneben zwei steile raue Wasserrillen zum nächsten Band, danach taste ich mich schräg nach rechts aufwärts um einen Blick in die vermutliche Schlüsselseillänge zu erspähen. Ganz vorsichtig mache ich mit einer Hand ein Foto vom Überhang in Wandmitte. „Aha, ich bin bereits in Wandmitte...“; dachte ich mir und vermutlich befand ich mich bereits in den sogenannten Flow-Zustand. Vorsichtig kletterte ich auf einen schmalen Latschenband wieder nach links, weitere 50 Meter in brüchigen zwei bis dreier Gelände bei den Latschen vorbei und querte oberhalb der Überhänge auf grünen Bändern oberhalb der Wandmitte zurück in die vorgesehene geplante Linie. Hier begutachtete ich den oberen vermutlich 100 Meter hohen Wandteil. Dieser ist nicht mehr so Glatt und steil, dafür strukturierter und etwas gebänderter. Anfangs noch leicht, danach durchwegs 4- bis 4+ von der anregenden Kletterei her. Es machte richtig Spaß, ich fühlte mich extrem Sicher und kletterte bewusst, meditativ und überlegt. Diese Vorsicht war extrem wichtig, den schließlich wollte ich nicht über 200 Meter runter rauschen. Auch fand ich immer wieder Zeit, den Oberkörper gegen den Fels gelehnt, mit den Kletterpatschen auf einen Absatz ruhend, die Spiegelreflexkamera auszupacken und Fotos zu schießen.

Die letzten Meter wurden etwas brüchig und grobblockig. Ich prüfte noch einmal jeden Tritt und jeden Griff, warf diese gegebenenfalls hinunter, und säuberte somit noch die letzten Klettermeter.

Ich war oben. Unter mir die etwa 300 Höhenmeter große Wand. Mein Puls war erstaunlich ruhig. Ein letzter Blick zurück. Die nächsten 30 Meter nur noch gestuftes Blockgelände, bei einer Schneewechte vorbei und große Wiese mit Steinmann am Vorgipfel des Großen Brieglersberges erreicht. Ich war sehr glücklich. Glücklich deshalb, eine der spannendsten Erfahrungen in meinem Leben gemacht zu haben, eine neue Kletterbare Linie gefunden zu haben, mein Können und die Verhältnisse richtig eingeschätzt zu haben. Ich brauchte für die Route mit Erkundungsfotos, suchen der richtigen Linie genau eine Stunde vierzig.

Die Sonne schien heiß vom Himmel. Beim Klettern gab es noch frischen Aufwind, der meinen Eifer kühlte. Hier oben war es Windstill. Ich zog meine Kletterpatschen, Socken und die Badehose aus. Legte mich in die Wiese und genoss den Moment. Es war bereits nach vier Uhr Nachmittags.

Nach einer langen Rast, Aufbruch. Ich besuchte noch den nahen Hauptgipfel, weiter zum kleinen Brieglersberg runter zur Sigistalhöhe, rauf zum Gegenüberstehenden Gamsspitz. Von hier hatte ich noch einen guten Überblick von der ganzen Wand, musterte noch einmal die gekletterte Linie mit der möglichen Schlüsselseillänge und lief über steiles Schrofengelände abwärts zum Salzsteigjoch und den markierten schotterigen Wanderweg zurück zum Auto.

Bei dem gesamten Abstieg drehte sich der Großteil meiner Hauptgedanken nur darum, wie viele Haken ich anbringen möchte, wo ich die Wandbuchdose befestige und wie ich die Tour nenne. Da mir doch auch den ganzen Tag mein verstorbener Freund auch im Kopf herumgeisterte. Gerade auch die Erinnerungen an seine bereichernde, wertschätzende Art und seine Lebenslust, gewürzt mit seinen Aussagen wie; „Wer mi` kennt, mog mi`!“ oder was er auch immer zelebrierte; „Leb` dei` Leb`m!“

 

Danke Horst für die Inspiration.

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