Großer Priel - Nordwand

Am 5. April starteten die Freunde Lattner Andreas, Freystetter Michael und Outdoorteam Mitglied Gerhard „EdDi“ Sulzbacher, um sieben Uhr Früh, zum Großen Priel. Da der Winter nicht gerade der Schneereichste war, mussten die Schi die erste Stunde lang am Rucksack bleiben. Vom Prielschutzhaus aus ging es zuerst über apere Jägersteige hinüber, beziehungsweise hinauf zur Oberen Salmeralm. Erst hier schnallten wir unsere angefellten Tourenschi und Splitboard an. Es herrschte bereits blauer Himmel und die Stimmung war allgemein sehr gut, aber doch waren wir etwas angespannt; „Wie sind die Verhältnisse in der Nordwand? Können wir hinein queren oder müssen wir zuerst einige Hundert Höhenmeter absteigen?“

Bei der Arzlochscharte, der Wind frischte etwas auf, montierten wir unsere Schi auf die Rucksäcke und die Steigeisen an die Schuhe. Von nun an auf ins Ungewisse. Auf den ersten Metern, wir querten unmittelbar nach der Scharte um die ersten Grate herum, stets waagrecht und leicht aufwärts hinüber zur Nordwandrinne. Bei dieser etwa 300 Meter langen, durchwegs etwa 50 Grad steilen Traverse, mussten einige heikle Felspassagen im zweiten Schwierigkeitsgrat gemeistert werden. Auch waren die Stapfpassagen abwechselnd harschig und meistens sulzig. Teilweise brachen wir bis zur Hüfte ein. Meistens nur bis zu den Knien.

In der Hauptrinne erst kamen wir gut und schneller vorwärts, und beim gehen sanken wir höchstens nur noch Skischuhtief ein. In der Hauptquerung, diese verbindet die Obere und untere Rinnenartige Flanke, fanden wir eine dreissig Zentimeter hohe Pulverschneeauflage vor. Trotzdem hatten wir nicht zuviel Schnee und auf circa 25 Höhenmeter mussten wir über gebänderten aperen Fels hochklettern. Hier hatten wir definitiv unsere Mentale Schlüsselstelle erreicht, da wir kein Seil mit hatten und hier praktisch Free Solo mit schwerem Rucksack (Schi!) im zweier Gelände unterwegs waren. Eine Unaufmerksamkeit oder ein Ausbruch und einer von uns wäre über dreihundert Meter hinuntergestürzt.

Doch souverän meisterten wir auch diese Stelle und die letzten dreihundert Höhenmeter stapften wir im Zick Zack die Flanke, oben durch die Rinne, dem 8 Meter hohen roten Gipfelkreuz des Priels entgegen. Hier begrüßten wir unsere Freunde die über die Normalroute aufgestiegen waren. Unter anderem die Teamkollegen Schretter Philip, Michael Heinrich und viele weitere Freunde und Innen. Gemeinsam genossen wir unser Wohlverdientes Gipfelbier, die Jause und natürlich Knabbereien. Es war genau Mittag.

Nach ausgiebiger halben stündiger Gipfelrast, in der Zwischenzeit, aber auch schon während des Aufstieges, zogen immer mehr Wolken herein und teilweise wurde es immer nebliger. Alle gingen zurück zum Schidepot beim Nebengipfel und Andreas und Ich gaben unseren Freunden bescheid, dass wir unter vier Augen entscheiden wollten, wo wir abfahren. Das war gut so, denn so konnten wir ohne Druck von anderen, über unser Vorhaben und die Verhältnisse in der Wand abwägen und unsere Vorgehensweise gezielt besprechen. Die beim Aufstieg noch harte Einfahrtsrinne war zum Glück schon etwas aufgefirnt und somit waren die ersten dreihundert Meter richtiger Genuss zum fahren. Bei der Unterbrechung montierten wir wieder unsere Schi und Snowboard auf die Rucksäcke und die Steigeisen auf die Schuhe. Ruhig und extrem konzentriert kletterten wir die etwa 25 Meter abwärts. Nicht so einfach, da wir bereits über sechs Stunden unterwegs waren und auf Frontalzacken am festen Dachsteinkalk kletternd mit dreihundert Metern Luft unter den Füßen, eine ganz interessante und nicht so alltägliche Situation. Andreas rutschte die Querung als erster, es war sehr nebelig geworden, wir sahen nur maximal 20 Meter weit und die Pulverschneeauflage war bereits sehr pappig und rutschte Wiederstandlos ab. Die untere Hälfte der Abfahrt war zwar durch Längsrinnen von vorangegangenen Lawinen gezeichnet und daher etwas ruppiger zu fahren, doch waren es für diesen Winter wohl die besten Verhältnisse. Einmal mussten wir noch eine kleine Felsstufe ab klettern, bevor es in die steile und sehr schmale Abschlussrinne ging. Am ende der Rinne galt es noch einen noch kleinen Bergschrund (Spalte) von, an seiner schmalsten Stelle, etwa einen dreiviertel Meter zu überspringen.

Wir hatten es geschafft und freuten uns Riesig. Etwas oberhalb der Welser Hütte, es war bereits halb drei Uhr Nachmittags, fellten wir, so dachten wir noch, zum vermeintlich letzten Mal auf. Über die Steilen Fleischbänke auf den Fleischbanksattel. Von hier aus abwärts durch die Klinserschlucht und zum Prielschutzhaus zurück. Leider waren sehr viele Stellen bereits aper und der Schnee bremste und klebte enorm, sodass wir erst nach insgesamt elf Stunden beim heiß ersehnten Prielschutzhaus ankamen. Dem gewaltigen Tag und der enormen Leistung vergönnte ich noch einen feuchtfröhlichen langen Abendausgang mit Bekannten auf der Hütte, nachdem Andreas den Abstieg im letzten Tageslicht noch mit einem Paragleiterflug ins Tal beschleunigte.

Danke an alle Begleiter für dieses grandiose Erlebnis.

 

Link: http://vimeo.com/92701449

 

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